Willkommen in der Soft Machine!

Es war William S. Burroughs, der Anfang der 1960er-Jahre in seinem gleichnamigen Cut-up-Roman den menschlichen Körper als „Soft Machine“ beschrieb, ständig belagert „von einer riesigen, hungrigen Schar von Parasiten“. Mittlerweile hat sich die „Soft Machine“ zur Körperchiffre im Cyborg-Zeitalter gewandelt. In Erzählungen und in der Wirklichkeit verschmelzen Mensch und Maschine oft auf überraschend neue, teilweise kritische Art und Weise. So treiben sie den Diskurs voran. Mit ihrer Ausstellung Invitation of the Soft Machine and Her Angry Body Parts bringen Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl spielerisch-humorvoll verschiedene Facetten der zeitgenössischen Körperdiskurse zum Schwingen. Knebl und Scheirl verwandeln den Österreichischen Pavillon in den Giardini in eine offene Bühne, die das Publikum einlädt, die von den Wiener Künstler*innen inszenierten „Begehrensräume“ zu erkunden. In dieser temporären Inszenierung breiten die beiden ihr künstlerisches Universum aus, von Malereien,
Skulpturen und Fotografien über Textilarbeiten, Schrift und Video bis hin zu einer Modekollektion und einem Magazin. Die Soft Machine materialisiert sich in Gestalt eines „Ausstellungswesens“ im wahrsten Sinn des Wortes, dessen einzelne Teile zu einem organischen, lebendigen Ganzen verschmelzen. Der Pavillon wird zu einem einladenden, heterotopischen Ort umgestaltet, an dem Kunst, Performance, Design, Mode und Architektur in aufregenden, ironisch-humorvollen, futuristisch-hybriden Formen zusammenkommen.


DIE INSTALLATION IM ÖSTERREICHISCHEN PAVILLON

Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl greifen die Gegebenheit der symmetrisch angelegten Architektur des Österreichischen Pavillons auf, der durch einen Säulengang getrennt und gleichzeitig verbunden ist. Die zwei Haupträume tragen jeweils die Handschrift einer*eines der beiden Künstler*innen. Die Einzelpositionen bleiben unterscheidbar und sind gleichzeitig miteinander in regem Austausch. So flottieren Materialien, Operationsweisen, Symbole und Formen zwischen den beiden Inszenierungen, werden gedoppelt und gespiegelt. In den Seitenpavillons wird durch eine gespiegelte, illusionistische Raumsituation das Künstler*innenduo markiert.

Jakob Lena Knebls raumgreifende Installation entzieht sich klaren Zuordnungen. Sie zeigt die Auseinandersetzung der Künstlerin mit den 1970er-Jahren und ihren gesellschaftspolitischen Themenfeldern sowie der Kunst- und Designgeschichte dieser Dekade und verweist auf deren starke Auswirkung auf das Jetzt. Hier spielen Identität und deren Transformationsmöglichkeiten, die Orte ihrer Inszenierung sowie die Frage nach Co-Produzent*innen und Ausgrenzungsmechanismen eine zentrale Rolle. In ihrer Szenografie im Pavillon dominiert die Opulenz. Vor einer Sci-Fi-Landschaft, die sich über die gesamte Rückwand des Pavillons zieht, baut sich eine surreale Kulisse auf, die sowohl utopisch wie dystopisch wirkt. Sie ist von einem Stahlgerüst gerahmt, das von der Architektur des Centre Pompidou inspiriert wurde. Lebensgroße, hybride Skulpturen aus Keramik, Leder, Fiberglas, Textil und Stahl, welche die willkürliche Grenze zwischen Kunst und Design herausfordern, teilen den Ausstellungsraum zusammen mit den Besucher*innen. Dabei wird klassisches Handwerk mit Polyurethanguss nach digital erstellten und in 3D gedruckten Vorlagen verschränkt und verwoben.

Ashley Hans Scheirls Installation ist ein begehbares Selbstporträt als Maler*in. Ein roter, samtener Vorhang wird von der gemalten Hand der Künstler*in beiseitegeschoben. Dahinter staffeln sich wie im Proszenium eines Theaters flache Kulissenelemente, die gleichzeitig die Schichten dieser aufgeklappten Malerei sind. Vom Eingang aus betrachtet, schauen eine*n von der hintersten Wand aus zwei ungleich große Augen mit einem ambivalenten Gefühlsausdruck an. Darüber befindet sich ein weißer, langhaariger Schamhügel, aus dem ein überdimensionierter Schlauch in den Raum hängt. Er ejakuliert eine gelblich-durchsichtige „Flüssigkeit“ in den Raum, die unter dem Bogen einer Langhaarfrisur eine Pfütze hinterlassen hat. Von einem zotteligen Hügel gieren Panzerrohre in Richtung eines leuchtenden Goldbrockens und spucken dabei Medikamente aus. Ein wütend aufgerissener Mund schmückt eine Wohnzimmertapete aus den 1970er-Jahren. Dahinter durchbohrt ein Piercing-Ring einen als Wolke geformten Himmel. Dreht sich der*die Besucher*in um, sieht er*sie hoch über dem Eingang einen gepolsterten Anus, der eine goldene Farbwurst in den Raum speit.

Die gemeinsame Installation der beiden Künstler*innen ist von einer dynamischen Gegenüberstellung bzw. Verschränkung von verschiedenen, zueinander paradox anmutenden Räumlichkeiten, Stilen und piktogrammartigen Symbolen gekennzeichnet, die alle mit ihren jeweiligen Mitteln die Aufmerksamkeit der Besucher*innen erhaschen wollen. Diese wiederum werden zu Protagonist*innen in diesem Stück und setzen die Szenerie mit ihren Körpern in Bewegung.

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